Kommentar: Johannes Binotto
Ein Revolvermann ohne Stimme und ein grausamer Kopfgeldjäger ohne Scham. Der eine reitet stumm wie der Todestrieb, der andere verbuddelt seine Leichen in der Winterlandschaft, so wie das Unbewusste unliebsame Erinnerungen aufbewahrt. In Sergio Corbuccis legendärem Italo-Western sind all die Versatzstücke des Western-Genres ins Mythische überhöht und dabei verblüffend verschoben: Statt unter der heissen Präriesonne finden wir uns im Schnee wieder, in welchem die Pferde versinken; die einst so klare Grenze zwischen den Guten und den Bösen ist verweht. «Il Grande Silenzio» wirkt dadurch wie ein melancholischer Traum, dessen Bilder und Figuren es zu entschlüsseln gilt – mit Ennio Morricones Filmmusik (eine seiner schönsten) als akustischer Unterstützung.