Kommentar: Bianca Gueye
Kann Leibeigenschaft paradiesisch sein? Ja. Denn der Exodus der BewohnerInnen einer Tabakfarm in die Vorstädte von Rom ist jene Vertreibung aus dem Paradies, die wohl auch unsere Vorfahren erlebt haben. Wer Geld und Besitz dem Landadel überlässt, bleibt von den Übeln der Moderne befreit, bis die Herrschaft ihren eigenen Absturz besiegelt. Regisseurin Alice Rohrwacher, die 2018 mit ihrem Film den Preis für das beste Drehbuch erhielt, hat mit der Figur des glücklichen Lazzaro einen Archetypen der Naivität und Duldsamkeit geschaffen. Vom einsamen Hügel in den Beton der Suburbia verpflanzt, von einer monetär unbefleckten Existenz ins Land der Lira umgesiedelt, lebt die Schicksalsgemeinschaft fast wie zuhause weiter. Neben ProfidarstellerInnen spielen über 50 Laien, vom Säugling bis zur Nonna, sich selbst und lassen Nostalgie zu einem traurigen Glücksgefühl werden.